Eine herpetologische Fotoreise nach Zypern

Herpetologische und andere Naturbeobachtungen auf Zypern


GUNTRAM DEICHSEL, JOACHIM RUTSCHKE, DORIT KOEPE, PETER UND BIRGIT OEFINGER

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1. Einleitung
Die Autoren unternahmen unabhängig voneinander mehrere Reisen nach Zypern (GD: Ende Mai bis Anfang Juni 2006, JR & DK März 2002 und Mai 2006, PO & BO März 2006).
Das Ziel der Reisen war, Reptilien und Amphibien zu suchen und fotografisch festzuhalten; andere Aspekte von Fauna und Flora werden durch mehr oder weniger zufällige Beobachtungen dokumentiert. Da natürliche Lebensräume auch auf Zypern in zunehmendem Maße Veränderungen durch menschliche, aber auch durch klimatische Einflüsse unterworfen sind, könnten diese Beobachtungen für Naturliebhaber und Zoologen (als Impression vom Anfang des 21. Jahrhunderts) von Interesse sein.


2. Informationen zur Geographie, Klima, Hydrologie, Flora und Fauna

2.1 Geographie und Klima

Abb. 1: Satellitenbild von Zypern (Quelle: NASA)

Zypern ist die östlichste und mit einer Fläche von 9251 km² und einer Küstenlänge von ca. 700 km die drittgrößte Mittelmeerinsel. Die Entfernung zum Anatolischen Festland beträgt 75 km, die zum Griechischen 800 km, nach Syrien 105 km und nach Ägypten 380 km. Zwei Gebirge bestimmen den Charakter der Insel: Die nördlich gelegene Kette des Pentadactylos-Gebirges mit einer Maximalhöhe von 1024 m zieht sich bis zur Karpasia-Halbinsel hin. Dieses Kalkgebirge bildet die Fortsetzung des Syrisch-Anatolischen Faltensystems des Taurus. Das Troodosmassiv erhebt sich im Südwesten der Insel bis 1952 m über den Meeresspiegel. Aufgrund seines vulkanischen Ursprungs – es entstand durch submarine Magmaergüsse – hat es eine ovale Form. Dazwischen liegt die Mesoria-Tiefebene, die eine Höhe von 180 m über NN erreicht.

Abb. 2: Das Troodos-Hauptmassiv von Südosten. Im Vorgebirge ist Terrassenanbau zu erkennen (GD)

Das Klima auf Zypern ist für das Mittelmeergebiet typisch: die Winter sind kurz, kalt und nass, die Sommer heiß und trocken. Die jährlichen Temperaturextreme betragen für Nicosia in der Mesoria-Tiefebene -5,6°C und 44,4°C, für Prodomos (im Troodos auf 1380 m über NN) -11,1°C und 35,5°C. Die jährliche Niederschlagsmenge auf dem Troodos übersteigt 900 mm, in seinem Regenschatten im Westen der Mesoria-Tiefebene liegt sie unter 300 mm. Die zahlreichen Gebirgsflüsse und -bäche führen meist nur im Winter und Frühjahr Wasser. Aufgrund der Wasserknappheit im Sommer wurden auf der Insel über 100 Stauseen angelegt, deren Kapazität im Jahr 1996 über 300 Mio. m³ Wasser betrug.

2.2. Flora
Auf Zypern gedeihen ca. 1750 Pflanzenarten; der Endemitenanteil beträgt 7,3 %. Die im Altertum gänzlich bewaldete Insel besteht heute noch zu 19 % aus Wald - für mediterrane Verhältnisse ein bemerkenswert hoher Anteil.
Auf den ehemals bewaldeten Flächen wächst eine als Macchia bezeichnete 4-6 m hohe Hartlaub-Gebüschvegetation. Ihre häufigsten Vertreter sind der Zyprische Erdbeerbaum (Arbutus andrachne), die Pistazie (Pistacia terebinthus), der Ölbaum (Olea europae), der Styrax-Baum (Styrax officinalis) und die Kermeseiche (Quercus coccifera).
Häufiger als die Macchia ist die Phrygana (im westlichen Mittelmeerraum als Garigue bezeichnet), eine bis zu 1 m hohe Gebüschvegetation. Auf felsigem Untergrund ist sie natürlichen Ursprungs; sie entsteht aber auch durch anthropogene Degradation (Beweidung) der Macchia. Typische Vertreter sind verschiedene Cistrosen (Cistus sp.), der Stachelige Ginster (Genista spacelata), Steinsame (Lithospermum hispidulum), und der Mastixstrauch (Pistacia lentiscus), sowie eine Vielzahl ein- und mehrjähriger Kräuter – davon allein rund 50 Orchideenarten.

Abb. 3: Im März findet man viele Orchideen, aber nur an wenigen Stellen die endemische Ophrys kotschyi (PO)

2.3. Fauna
Die Säugetierfauna ist mit nur 26 Arten ziemlich artenarm: zwei Arten und drei Unterarten sind endemisch. Das größte wildlebende Säugetier auf Zypern ist das Wildschaf (Ovis gmelini ophion), fälschlich auch Mufflon genannt. Bemerkenswert ist der Langohrigel (Hemiechinus auritus), ein Insektenfresser, der auf Zypern seine westlichste Verbreitungsgrenze hat. Er ist in seinen Bewegungen wesentlich flinker als unsere heimische Art und – deutlich an seinen großen Ohren sichtbar – an heiße, trockene Lebensräume angepasst.

Abb. 4: Langohrigel Hemiechinus auritus (JR)

Die Vogelwelt ist mit 350 registrierten Arten weitaus reichhaltiger als die der Säugetiere. 27 Vogelarten brüten auf Zypern, darunter 2 Endemiten.
Von den Arthropoden beeindrucken durch ihre Größe die Skorpione (Mesobuthus cyprius), Walzenspinnen (z.B. Eusimonia sp., Galeodes sp. und Gylippus sp.) und die ägyptische Vogelspinne (Chaetopelma aegyptiacum), die fälschlich als Tarantel bezeichnet wird. Während die ersteren ein verstecktes Leben führen, findet man die Vogelspinne auch gut sichtbar in und an Häusern, wie das Exemplar auf dem nächsten Foto, das sich an einer Felsenimitation nahe des Swimmingpools einer Hotelanlage aufhielt.

Abb. 5: Ägyptische Vogelspinne Chaetopelma aegyptiacum (GD)

3. Einige herpetologisch interessante Stellen rund um das Troodos-Massiv
In der Scheunendachkirche Agios Nikolaos tis Stegis bei Asinou (UNESCO-Weltkulturerbe aus dem 12. Jahrh.) sind u.a. Schlangen auf Wandmalereien dargestellt. Darin werden den Gläubigen Schlangenbisse als Höllenqualen für ihre Verfehlungen im irdischen Leben angedroht. In Abb. 6 betrifft das Mönche, die ihr Kloster verlassen und Frauen, die ihre Kinder nicht stillen. Dabei wurde die Levanteviper (Macrovipera lebetina) von dem Künstler gut dargestellt.

Abb. 6: Wandmalerei aus dem 12. Jahrhundert (GD)

Abb. 7: Snake George auf einer Exkursion im Troodos (GD)

„Snake George“ alias Hans-Jörg Wiedl, der sich u.a. für den Schutz der endemischen Zypernringelnatter einsetzt, betreibt einen Reptilienpark nördlich von Peyia. Der Park steht kurz vor seinem Umzug an einen anderen, noch nicht bestimmten Ort. Der Abt des Klosters Agios Neophytos (nördlich von Pafos) hatte das Angebot gemacht, den Park auf dem Klostergelände neu zu errichten; dies konnte aber wegen heftigen Widerstandes aus der Bevölkerung, der in Morddrohungen gipfelte, nicht realisiert werden. Der neueste Stand der Planung (September 2007) ist nun, den Park auf einem Gelände bei Kritou Tera (8 km von Polis im Nordwesten der Insel) neu zu errichten.

Abb. 8: Fluss in bergiger Lage: Lebensraum von Rana cypriensis und in den heißen Sommermonaten von Macrovipera lebetina (JR)

Abb. 9: Tombs of the Kings: Lebensraum von Acanthodactylus schreiberi (JR)

Abb. 10: Fluss kurz vor einem Stausee; Lebensraum von Natrix n. cypriaca (JR)

Abb. 11: Lara Beach – der während der Saison streng bewachte Eiablageplatz von Seeschildkröten auf der Akamas-Halbinsel (GD)

„Pflichtprogramm“ für die Besucher Zyperns sind die archäologischen Ausgrabungsstätten um Pafos, und zwar der Archeological Park östlich und die Tombs of the Kings nördlich der Stadt. Ebenso interessant sind das auf einer Halbinsel nahe der Coral Bay gelegene Paleiokastro bei Maá mit seinem Museum, das die bis 8000 v. Chr. zurück reichende Besiedlungsgeschichte Zyperns präsentiert, und die Ausgrabungsstätte bei Lempa. Hier wurde von der Universität Edinburgh eine prähistorische Siedlung rekonstruiert. Die Echsenfauna dieser Orte ist für aufmerksame Besucher unübersehbar.