Zerstörung des Mauereidechsenhabitats in Holzwickede

Zerstörung des Mauereidechsenhabitats in Holzwickede

UWE SCHLÜTER, April 2007

Wie riskant die Ansiedlung von Mauereidechsen im Bereich aufgelassener Industrieflächen sein kann, zeigt sich jetzt am Beispiel der allochthonen Population von Holzwickede (Kreis Unna, Nordrhein-Westfalen). Mitte März 2007 war das Gelände in der Nähe des Bahnhofs noch intakt. Mehrere 100 braun-, gelb- und grünrückige Mauereidechsen (Podarcis muralis nigriventris, Brueggemanni-Phänotyp), davon etwa die Hälfte aus Subadulti (Jg. 2005) sowie den Jungtieren von 2006 (in zwei Größenklassen) bestehend, konnten vor allem in hoher Individuendichte an südexponierten, halbverfallenden Ziegelsteinmauern, die teilweise von Brombeergestrüpp überwuchert waren, gesichtet werden. Einige wenige, wohl abgewanderte Individuen leben entlang der Straße an Holzhaufen, kleinen Gebäuden, Baumstämmen und Mauerresten sowie in unmittelbarer Nähe der Bahngleise.

Abb.1 Das Habitat 2006
Abb.2 Das Habitat 2006

Abb.3 Mauereidechse an Ziegelsteinmauer 2006
Abb.4 Podarcis muralis, Männchen, 2006

Dann ging alles sehr schnell. Bis Anfang April 2007 wurde das Gelände eingezäunt und zügig auf ganzer Fläche mit Hilfe von Baggern und Planierraupen umgegraben und im Wesentlichen eingeebnet. Damit dürfte der Großteil der Population vernichtet worden sein!

Abb.5 : Mauereidechse an der Straße 2007
Abb.6 Das eingeebnete Gelände Mitte April 2007

Abb.7 Das eingeebnete Gelände Mitte April 2007
Abb.8 Verbliebener Lebensraum entlang der Straße

Entlang der Straße wurden Mitte April 2007 noch 7 Individuen (5 Adulti, 2 Subadulti, keine Jungen von 2006) nachgewiesen. Ob sich vielleicht einige Tiere zum Gleisbett der Bahn haben retten können, konnte nicht überprüft werden, da das Gebiet mit abgezäunt ist und das Betreten der Gleise verboten ist. Einige Individuen, die an Holzhaufen im Eingangsbereich der Straße leben, sind noch in Gefahr, da das Holz wohl früher oder später fortgeräumt wird.

Es mag bezeifelt werden, ob sich aus den verstreuten überlebenden Tieren wieder eine stabile Population entwickelt, da die verbliebenen Habitatstrukturen alles andere als optimal sind. Die Zerstörung des Habitats war leider absehbar. Die Brachfläche war im Westen bereits von zwei größeren Lebensmittelmärkten und im Osten von einer Firma begrenzt. So war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Lücke geschlossen wird. Dass die Mauereidechse in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedroht ist und dementsprechend streng geschützt ist (Bundesartenschutzverordnung, gilt auch für allochthone Populationen), scheint leider keine Rolle zu spielen.

Vergleiche auch den Beitrag: Südeuropäische Mauereidechsen in Holzwickede bei Dortmund.

Besonderer Hinweis:
Inzwischen sind die Mauereidechsen von Holzwickede genetisch untersucht worden (Dr. Werner Mayer, Naturhistorisches Museum Wien). Demnach gehören sie zur Unterart Podarcis muralis maculiventris (Gruppe West). Das heisst, die Tiere stammen ursprünglich aus folgendem Areal: Tirol, Alpensüdseite von Südtirol westwärts, westliche Poebene, Ligurien (ausser dem extremen Westen).