Allochthone Mauereidechsen Vorkommen im unteren Rheintal/Schweiz

Allochthone Mauereidechsen-Vorkommen im Alpenrheintal/Schweiz

JÜRGEN GEBHART
Juni 2009

Populationen von Mauereidechsen (Podarcis muralis) im Alpenrheintal sind seit langem bekannt. Wo die Tiere genau leben und wie häufig sie dort vorkommen, kann man aber leider fast nirgends nachlesen.
Ich hatte mich deshalb auf den Weg gemacht, die bekannten Fundorte in Bad Ragaz (Bahnhof), Sargans (Schloß und Bahnhof), Trübbach (Bahnhof) und Buchs (Bahnhof) zu besuchen und dort zu fotografieren.

Abb. 1

Meine Tour begann in Bad Ragaz, das liegt etwa 20 km nördlich von Chur im schweizer Kanton St. Gallen. Direkt am Bahnhof konnte ich keine Tiere finden. In östlicher Richtung sind einige Müllcontainer. Hier konnte ich an einer Mauer und an einem Grashang zwei Tiere entdecken. Eine Suche in den Vorgärten der Nebenstraßen blieb erfolglos.

Abb. 2

Abb. 3

In der Nähe des Bahnhofs fließt der Rhein, an den dortigen Steinen des Rheindamms konnte ich dann wieder Mauereidechsen antreffen.

Abb. 4

Ob die Tiere über denn Rheindamm an den Bahnhof gelangten oder umgekehrt, lässt sich nicht rekonstruieren. Westlich des Bahnhofs befinden sich einige Kleingärten und auch dort wurde ich fündig.

Abb. 5

Abb. 6

Abb. 7

Abb. 8

Das Schloss Sargans ist eine Burganlage, die über der Stadt Sargans thront. Im Jahre 1282 wurde dieser Ort zum ersten Mal urkundlich erwähnt.

Abb. 9

Direkt an der Burg und den umliegenden Legesteinmauern konnte ich eine große Anzahl an Mauereidechsen ausfindig machen.

Abb. 10

Abb. 11

Abb. 12

Abb. 13

Abb. 14

Abb. 15

Bei genauerer Durchsicht der Bilder war mir aufgefallen, dass ich beim Schloss Sargans ein Weibchen mit rot-orangener Kehle fotografiert habe! Im Bildausschnitt (Abb. 17) ist die rötliche Färbung, die für Mauereidechsen-Weibchen sehr unüblich ist, deutlich zu sehen.

Abb. 16

Abb. 17

Beim Abstieg fand ich, wie auch schon in Rankweil (Österreich), noch eine Blindschleiche

Abb. 18

Auch die direkt am Schlossberg liegenden Vorgärten werden von Mauereidechsen bewohnt.

Abb. 19

Mit zunehmender Entfernung zum Schloss nahm die Populationsdichte der Mauereidechsen deutlich ab. Direkt im Bahnhofsbereich konnte ich keine Eidechsen sichten, wurde aber dafür ich im östlichen Teil bei einem Erstatzteildepot für Gleisanlagen (Kabel, Gleise, Schwellen usw.) fündig.

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Abb. 21

Abb. 22

Abb. 23

Abb. 24

Die Population am Bahnhof ist sehr viel kleiner als die am Schloss. Ich gehe davon aus, dass es sich bei den Tieren am Schloss um eine ausgesetzte Population handelt und die Tiere am Bahnhof über den Güterverkehr eingeschleppt wurden, zumal Sargans mit Bad Ragaz über die Bahnlinie verbunden ist.
In Trübbach konnte ich direkt am Bahnhof in den „Grünanlagen“ Tiere entdecken, leider nur 4 Stück. Auch dieser Bahnhof ist mit der Bahnlinie Sargans - Bad Ragaz verbunden. Hier besteht aber auch die Möglichkeit der Einwanderung über den Rheindamm.

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Abb. 26

Abb. 27

Die größte Population fand ich am Bahnhof in Buchs, dort im nördlichen Bereich. Trotz der hohen Temperaturen gegen Mittag, wenige Tiere lagen noch direkt in der Sonne, konnte ich allein in diesem Gleisbett zwei Dutzend Tiere beobachten.

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Abb. 29

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Abb. 31

Abb. 32

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Abb. 34

Auch die dahinter liegenden Wirtschaftsgebäude und der Gleisbereich sind Lebensräume dieser Tiere.
Mein letzter Stop war der Rheindamm bei Dipoldsau. Ich wollte überprüfen, ob dieser Bereich auch schon besiedelt ist. Aber am linken Rheinufer ist alles dicht bewachsen mit Weiden und anderem niedrigen Gehölz und die Blockaufschüttungen auf der rechten Seite sind dicht verfugt. Auf Dauer werden die Fluss aufwärts wandernden Mauereidechsen sich an diesen für sie ungeeigneten Lebensräumen nicht ansiedeln können.

Nachtrag 2.7.2009:

Vor Kurzem ist eine Probe aus Sargans (Schloß) genetisch untersucht worden (Dr. Werner Mayer, Naturhistorisches Museum Wien). Demnach handelt es sich hierbei um die Unterart Podarcis muralis maculiventris (Gruppe West).
Die Untersuchung ergab außerdem, dass die Probe aus Sargans nicht mit jener aus dem ca. 50 km entfernten Romanshorn (gleiche Unterart und Gruppe) identisch ist. Jürgen Gebhart

Nachtrag 9.7.2009:

Im Jahre 2002 untersuchte Dr. Werner Mayer, Naturhistorisches Museum Wien, eine Gewebeprobe einer Mauereidechse aus Bad Ragaz vom Bahndamm an der Autobahnraststätte "Heidiland". Diese war auf 1019 Basenpaaren zu 100% identisch mit Podarcis muralis brogniardii/merremius wie sie in Ostfrankreich, der Westschweiz und am Rhein und seinen (Sub-)Nebenflüssen autochthon vorkommen. Ob das Vorkommen bei Bad Ragaz auf natürliche Einwanderung, Verschleppung oder Aussetzung zurückgeht, kann wegen der zahlreichen allochthonen Kolonien in der Ostschweiz nicht entschieden werden. Guntram Deichsel


Nachtrag 23.7.2009:

Inzwischen wurde weiteres Probenmaterial genetisch untersucht (Dr. Werner Mayer, Naturhistorisches Museum Wien).
Sargans (Ortschaft): Podarcis muralis brogniardii/merremius
Trübbach: Podarcis muralis brogniardii/merremius
Buchs: 1 x Podarcis muralis brogniardii/merremius und 1x Podarcis muralis maculiventris Gruppe West (southern Alps clade).
Bad Ragaz: Podarcis muralis nigriventris (Tuscany clade)
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*Erstaunlicherweise stammt die Probe aus Bad Ragaz von einem bräunlich gefärbten Weibchen und auch keines der anderen Tiere vor Ort hatte mich äußerlich an "nigriventris" erinnert. Die einzige Erklärung wäre, dass sich in die betreffende Population - oder deren Ursprungspopulation - die eine odere andere P. m. nigriventris eingeschlichen hat, ihre äußeren Merkmale aber durch "Verdünnung" heute nicht mehr erkennbar sind (Dr. Werner Mayer pers. Mitteilung). Jürgen Gebhart