Eingeschleppte Mauereidechsen in Aubing

Eingeschleppte Mauereidechsen (Podarcis muralis) in Aubing bei München

JÜRGEN GEBHART
November 2008

Am 11. Novenber 2008 fasste ich auf Grund einer für diese Jahreszeit ungewöhnlich milden Wetterlage den Entschluss, die in Aubing bei München, westl. des Bahnhofes Langwied, ansässige Mauereidechsenpopulation aufzusuchen. Erst kurz zuvor hatte ich von der Existenz dieser Population erfahren (U. SCHULTE et al. 2008, Allochthone Vorkommen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland). Nach GRUBER (2008) sind diese Mauereidechsen erst im Jahr 2007 an diesem Standort nachgewiesen worden. Als Herkunft wird eine passive Einschleppung mit Frachtgut vermutet.

Die ersten Mauereidechsen (drei Adulte und mehrere Jungtiere) konnte ich nordwestlich des S-Bahnhofes Langwied nach ca. 400 Meter finden.
Der Fundort ist ein Hang der zu den Bahngleisen führt (Abb. 1). In wie weit sich dieser Platz auch als Sommerlebensraum eignet, vermag ich nicht zu sagen, da dort Knöterrich sehr üppig wuchert. Ein paar Meter entfernt im Idustriegebiet (Abb. 2) fand ich zwei Jungtiere (Abb. 3 und 4).

Abb. 1 (Mauereidechsen-Habitat westlich des S-Bahnhofes)

Abb. 2 (Mauereidechsen-Habitat im Industriegebiet westlich des S-Bahnhofes)

Abb. 3 (Mauereidechse, Jungtier)

Abb. 4 (Mauereidechse, Jungtier)

Die weitere Suche auf der linken Seite der Gleisanlagen war erfolglos. Auf der rechten Seite der Gleise, ca. 150 Meter weiter westlich, befindet sich ein Schotterfeld und ein kleinener, bebuschter Hang (Abb. 5 und 6). Dort fand ich eine große Zahl an Mauereidechsen. Adulte Männchen, halbwüchsige und Jungtiere. Adulte Weibchen konnte ich nicht entdecken. Eventuell hatte dies mit der fortgeschrittenen Jahreszeit zu tun.

Abb. 5 (Mauereidechsen-Habitat)

Abb. 6 (Mauereidechsen-Habitat)

An dem kleinen Hang versteckten sich die Tiere bei Störung aus Ermangelung an Steinen und anderen Rückzugsmöglichkeiten, zum Teil in Mauslöcher (Abb. 7), um nach kurzer Zeit aber wieder zum sonnen zum Vorschein zu kommen.

Abb. 7 (Mauereidechse am Mausloch)

Da es am Schotterfeld keine erhöhten Sonnenplätze gab, nutzten die Tiere dort die umstehenden Birken, um sich zu sonnen. Mit ihrer schroffen Rinde eignen sich Birkenstämme besten dafür (Abb. 8 und 9). An einer dieser Birken konnte ich ein Jungtier sogar in über 2 Meter Höhe beim Sonnenbad beobachten.

Abb. 8 (Mauereidechse am Birkenstamm)

Abb. 9 (Mauereidechse am Birkenstamm)

Ich gehe davon aus, dass es sich bei den verschiedenen Fundstellen um eine zusammenhängende, über die Gleisanlage verbundene Population handelt. Leider konnte ich die Gleisanlage nicht betreten, da diese durch einen hohen Gitterzaun versperrt ist.
Auffällig war, dass kaum ein Tier ein Schwanzregenerat besaß. Dies deutet einerseits darauf hin, dass der Druck durch Prädatoren gering ist und andererseits aber auch, dass diese Population noch nicht an die Grenzen ihrer räumlichen Möglichkeiten gestoßen ist. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob sich die Mauereidechsen an diesem Standort etablieren und noch weiter ausbreiten werden.

Abb. 10 (Mauereidechse, Männchen)

Abb. 11 (Mauereidechsen, subadult)

Abb. 12 (Mauereidechse, subadult)

Literatur:

SCHULTE, U., THIESMEIER, B., MAYER, W. & S. SCHWEIGER (2008): Allochthone Vorkommen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland. – Zeitschrift für Feldherpetologie, 15: 139-156.

Nachtrag 05.05.09

Vor Kurzem ist eine Probe der Mauereidechsen von Aubing genetisch untersucht worden (Dr. Werner Mayer, Naturhistorisches Museum Wien). Demnach handelt es sich dabei um die Subspecies maculiventris aus einem Clade, der für Deutschland noch nicht bekannt war, nämlich dem "Marche clade". Der "Marche clade" ist in der mittelitalienischen Region Marche (Ancona und weitere Umgebung) verbreitet und in einer etwas abweichenden Form auch im Westen Istriens. Die Probe aus Aubing ist aber wiederum von diesen beiden Typen etwas verschieden, sodass man derzeit nicht sagen kann, woher diese Population nun genau abstammt. Sicher aber irgendwo von der "Oberen Adria".


Nachtrag 07.08.11

JÜRGEN GEBHART

Bei einem weiteren Besuch der Population am 06.08.2011 vormittags konnten jetzt auch im Südwesten des Areals (DB-Betriebswagenwerk) Mauereidechsen nachgewiesen werden. An den Büschen, die die Straße zu den Geleisen abgrenzen, konnte ich 12 adulte Tiere zählen.
Eventuell war dieser Teil des Areals auch schon bei der ersten Begehung besiedelt, ist aber unwahrscheinlich, da ich damals die Straße drei Mal abgelaufen bin und keine Mauereidechsen finden konnte. Somit ist von einer Ausbreitung der Population in südwestlicher Richtung auszugehen.

Abb. 13 (Habitat im Südwesten des Areals)

Abb. 14 (Männchen)

Abb. 15 (Männchen)

Abb. 16 (Weibchen)